Ladesystem: Probleme und Prüfung

Wenn die Lichter immer öfter ausgehen, die Batterie leer wird und häufig nachgeladen werden muss. Wenn Ihr am helllichten Tag mit einer toten Batterie liegen bleibt, hat ein typisches Problem zugeschlagen - das Ladesystem ist defekt. Entweder müssen der Lichtmaschinenstator, die Gleichrichter-Regler-Einheit oder sogar beide ausgetauscht werden. 
   
Wem diesen Missgeschick passiert, der wird beim Blick unter den rechten Seitendeckel manchmal einen schwarz verkohlten Stator als Übeltäter entdecken. Durch Überhitzung sind die Wicklungen stark verschmort und an eine vernünftige Ladung ist nicht mehr zu denken.
Aber der Reihe nach, denn nicht immer muss gleich geschraubt werden. Vorher sollten die folgenden, einfachen Prüfungen durchgeführt werden. Dazu muss sich die Batterie in einem guten Zustand befinden. Wie das geprüft wird, könnt Ihr hier lesen. Eine alte oder schwache Batterie führt zu falschen Messergebissen.
      
Schritt 1: Ladestrom prüfen
Wird die Batterie im Betrieb nicht mehr genügend geladen, solltet Ihr zunächst den Ladestrom prüfen.
Dann den Motor anlassen und mit eingeschaltetem Scheinwerfer (Aufblendlicht) zwischen 2.500 - 5.000 1/min laufen lassen. Mit Hilfe eines Multimeters überprüft jetzt, wie viel Spannung zwischen den Batteriepolklemmen ansteht. Für die Messung wird ein Bereich von 20 - 50 V Gleichspannung eingestellt.
Je nach Drehzahl erhöht liegt der Wert zwischen 13,2 - 14,8 V Gleichspannung (ohne Licht müssen max. 16,5 V anstehen).
Ist der Messwert geringer oder höher, müsst Ihr weiter prüfen.
Die im Bild gezeigten 11,7 V deuten auf einen Fehler hin. 
   
Jetzt verbindet das schwarze Multimeterkabel mit der positiven Batterieklemme und das rote mit dem roten Ausgangskabel der Gleichrichter-Regler-Einheit. Der Messbereich des Multimeters wird auf 5 - 10 V Gleichspannung eingestellt. Das Ergebnis ist ...
> 0,2 V Gleichspannung: Schlechte Verbindung des positiven Leiters zwischen Gleichrichter-Regler und dem Pluspol der Batterie. Alle Kabel und Steckverbindungen überprüfen, säubern und wieder bei Schritt 1 anfangen.
 < 0,2 V Gleichspannung: Verbindet das rote Multimeterkabel mit der negativen Batterieklemme und das schwarze mit dem schwarz-weißem Ausgangskabel der Gleichrichter-Regler-Einheit. Das Ergebnis ist ...
> 0,2 V Gleichspannung: Schlechte Verbindung des negativen Leiters zwischen Gleichrichter-Regler und dem Minuspol der Batterie. Alle Kabel, Steck- und besonders Masseverbindungen überprüfen, säubern und wieder bei Schritt 1 anfangen. Eine gute Lösung ist, das Gehäuse des Gleichrichter-Reglers mit einem direkten Kabel mit dem Minuspol der Batterie zu verbinden.
 < 0,2 V Gleichspannung: Weiter mit Schritt 2.
   
Schritt 2: Durchgangsprüfung der Wicklungen
Dazu nehmt Ihr die drei Zuleitungskabel des Generators ab (gelb, blau-weiß und grün-weiß oder wie im Bild auch manchmal nur gelb). 
Überprüft mit ausgeschaltetem Motor, ob alle Wicklungen Durchgang zueinander haben, das heißt zwischen A-B, B-C, A-C. Der richtige Wert für alle 3 Messungen ist ca. 0,5 - 2 Ohm. Falls das Ergebnis geringer oder höher ist, sind die Wicklungen kurzgeschlossen oder unterbrochen.
Wenn die Messung im angegebenen Bereich liegt, führt Schritt 3 und 4 durch.
  
Schritt 3: Lichtschalter prüfen
Eine Phase des Generators wird bei den europäischen Modellen über den Lichtschalter geleitet. Dahinter steckt die Idee der japanischen Ingenieure, dass beim Betrieb ohne Licht nur zwei Phasen zur Batterieladung benötigt werden und eine Phase mit dem Lichtschalter abgeschaltet werden kann. Da das Schalten im Betrieb aber zu Spannungsspitzen führt, kann die entsprechende Spule durchbrennen. Deshalb muss der Durchgang von dem entsprechenden Lima-Kabel über den Lichtschalter zum Regler geprüft werden. Übrigens arbeiten die drei Spulen parallel. Funktioniert eine Spule nicht (z.B. weil der Lichtschalter defekt ist), arbeiten die beiden anderen Spulen im Normalfall einwandfrei weiter.
Tipp: Die Schleife über den Schalter brücken (direkt von der Lima (weiß/grünes Kabel) auf den Regler (weiß/rotes Kabel). Damit wird der Lima-Spule das Schalten im Betrieb erspart. Dann solltet Ihr jedoch immer mit Licht fahren, was aus Sicherheitsgründen ohnehin ratsam ist. 
   
Schritt 4: Masseschluss der Wicklungen
Danach solltet Ihr noch die Isolierung zwischen den drei Phasen und Masse prüfen, also A-M, B-M, C-M.
Besteht hier Durchgang (d.h. 0 - 100 Ohm) ist der Lima-Stator defekt und muss ausgetauscht oder neu gewickelt werden.

Ist bis hierher alles in Ordnung, geht es mit Schritt 5 weiter.

 

   
Schritt 5: Nulllastleistung prüfen

Jetzt den Motor anlassen und mit ca. 4.000 - 5.000 1/min laufen lassen. Mit Hilfe eines Multimeters überprüft jetzt mit 3 Messungen die Spannung zwischen den einzelnen Phasen des Generators, das heißt zwischen A-B, B-C, A-C. Dabei den Messbereich des Multimeters auf Wechselspannung einstellen und nicht zwischen Phase und Masse messen!
60 - 80 V Wechselspannung bei jeder Messung sind in Ordnung. Ist das Ergebnis geringer, ist der Lima-Stator definitiv schadhaft.
Liegt das Ergebnis über  60 V muss im Schritt 6 noch der Gleichrichter-Regler geprüft werden. 
   
   
Schritt 6: Gleichrichter-Regler prüfen
Baut ihn also aus und messt mit einem Multimeter den Widerstand (Ohm) zwischen allen Kabeln. Die Ohm-Werte (D = Durchgang, rote Felder = keine Prüfung) für die Kombination der Messpunkte entnehmt Ihr der Tabelle. 
Ist nur ein Wert falsch, ist der Gleichrichter bzw. die GR-Einheit defekt und muss ausgetauscht werden, sonst stirbt auch ein neuer Stator früher oder später!
   
Gleichrichter-Reglereinheit Typ 1 (z.B. GS 450 E, GS 850 G)
  Plus-Messsonde des Multimeters an ...
Minus-
Messsonde 
an ...
   Rot Weiß/Blau Weiß/Rot Gelb Schwarz/Weiß
Rot   D D D D
Weiß/Blau 0       D
Weiß/Rot 0       D
Gelb 0       D
Schwarz/Weiß 0 0 0 0  
Gleichrichter-Reglereinheit Typ 2 (z.B. GS 650 G, GSX 750)
  Plus-Messsonde des Multimeters an ...
Minus-
Messsonde 
an ...
   Rot Weiß/Blau Weiß/Rot Masse Schwarz/Weiß
Rot    0 0 0 0
Weiß/Blau 5-6    0 0 0
Weiß/Rot 5-6 0    0 0
Masse 5-6 0 0    0
Schwarz/Weiß 35-45 5-6 5-6 5-6   
Gleichrichter, einzeln (z.B. GS 400, GS 550, GS 750)
  Plus-Messsonde des Multimeters an ...
Minus-
Messsonde 
an ...
   Rot Weiß/Blau Weiß/Rot Gelb Schwarz/Weiß
Rot   D D D  
Weiß/Blau 0 Reglerprüfung über Ladestrom 
(mindestens 16,5 V)
0
Weiß/Rot 0 0
Gelb 0 0
Schwarz/Weiß   D D D  

Gleichrichter-Regler richtig montieren
Die Probleme können jedoch nicht nur an einem Defekt, sondern auch - wie oben erklärt - an einer schlechten elektrischen Verbindung des Gleichrichter-Reglers liegen.
Dann nutzt der Einbau eines teuren Stators nur kurze Zeit, denn durch den nicht richtig montierten Gleichrichter-Regler wird der Stator wieder überlastet. Lest dazu hier mehr.

Gleichrichterersatz oder -reparatur
Wie das geht, lest dazu hier mehr.

Dieser Beitrag entstand mit der großzügigen Hilfe von Reiner, einem Vollbluttechniker und Webmaster von wbcnet.de, der mir verzeihen möge, dass ich die farbig ummantelten Adern der Motorradelektrik einfach nur "Kabel" genannt habe. Außerdem habe ich noch Material von Schibi, Martin und von Cliff eingearbeitet, das sie mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt haben.
Bilder: Schibi, Cliff
© Michael (16.01.11 )    [Start]