Karls "Umwege" zur GS 

Ich habe Anfang 1978 das Motorradfahren mit einer Yamaha DS 7 angefangen. Für meinen Freund aus dem Nachbarhaus und mich gab es damals überhaupt keine Alternative zu den Yamaha-Zweitaktern, denn wir hatten vier Jahre vorher schon die RD 250 seines großen Bruders gefahren. Das war mit 14 ein Gefühl wie Fliegen gewesen. Leider hatte sich dieser recht schnell damit gestreckt.
Mit 18 kaufte ich mir also, gegen den Willen meines Vaters (Sein Spruch: Wer sich in die Gefahr begibt, kommt darin um!) eine alte DS 7 und wurde drei Monate später hundert Meter entfernt von daheim von einer guten Bekannten sehr unsanft vom meinem Schätzchen geholt. Den Sommer '78 verbrachte ich mit einem Trümmerbruch des linken Sprunggelenks im Krankenhaus.
Wie das so ist, vom Schmerzensgeld kauft ich mir im März '79 eine BMW R75/6 mit dem Hintergedanken, dass beim Boxermotor ja Unterschenkel und Füße geschützt sind. Sie ließ mich weit von zuhause nie im Stich, aber in der näheren Umgebung brannte schon mal der Kabelbaum oder eine Schaltgabel im Getriebe brach. Nach 35TKm wurde sie verkauft und es kam eine Honda CB 750 K7 ins Haus, mit 19er Vorder- und 17er Hinterrad und vier-in-vier Auspuffanlage. War zwar eine zuverlässiges Motorrad, aber sie begeisterte mich nicht unbedingt. Trotzdem begleitete sie mich auf gut 22TKm.
Es reiften relativ schnell schon Gedanken nach etwas Stärkerem. In der näheren Auswahl standen eine Z 1100 ST von Kawasaki und die neue Moto Guzzi Le Mans III. Ich entschied mich im März '83 für letztere, die zwar teurer, aber leichter war und irgendwie einen absolut geilen Sound hatte. Mit diesem Schätzchen fuhr ich in knapp vier Jahren 90TKm! Selbstverständlich hatte ich relativ schnell umgebaut auf Vollverkleidung, offene Lafranconi und eine andere Fußrastenanlage. Dennoch bin ich z.B. mit einem Freund und vollem Gepäck auf mit Brett verlängertem Gepäckträger bis zum Balaton in Ungarn und zurück gekommen (Würde ich heute nicht mehr aushalten, könnte auf einer LM III gar nicht mehr sitzen!) Interessant ist, dass sie immer, wenn ich mit ihr in Italien war, nach einem Händler schrie, indem die Zündung anfing zu spinnen! 
Erst die Entwicklung der Japaner in Bezug auf Straßenlage brachten mich zurück in die Vierzylinderreihen. Ab '85 nämlich fuhren die 750er GSX von Suzuki mit ihren sehr guten Fahrwerken uns Italo-Fahrern mächtig um die Ohren. Bis dato konnten die Japaner ruhig 'nen Liter Hubraum haben, fahrwerksmäßig hatten sie in Kurven keine Chance.
Naja, also kaufte ich mir Mitte '87 eine gebrauchte GPZ 1000 RX von Kawa und gab die Le Mans in Zahlung. Mit dieser Kawa fuhr ich am ersten Sonntag erst einmal mit 120Km/h gerade aus in einer Kurve! Die kleine 16er Bereifung war sehr gewöhnungsbedürftig! Nur gut, dass ein Feldweg abging und somit nichts passierte. Dennoch habe meine damalige Freundin und jetzige Frau und ich mit diesem Teil neben den Alpenländern, Korsika und England gesehen und wieder 90TKm in kaum vier Jahren abgespult ohne Zwischenfälle. Im März '91 war dann, natürlich ganz spontan, eine gebrauchte, offene Kawasaki ZZR 1100 dran, die ich beim Händler gegen meine etwas schwächelnde RX tauschte. 
Diese offene, komisch rote, wurde drei Monate und fünftausend Km später gegen eine offiziell leistungsbeschränkte, schwarze und neue getauscht. Mit diesem schönen Schätzchen machten meine Frau und ich in fünfzehn Monaten 28TKm! Dann musste sie leider an einen Bekannten verkauft werden, da sich doppelter Nachwuchs ankündigte.
Kaum Vater geworden, musste ich die ersten Monate des Jahres 1993 auf der RD 250 meiner Frau verbringen, bis es mir Pfingsten zu bunt wurde und ich eine alte Dreizylinder-XS 750 von Yamaha kaufte. Dieser Eisenhaufen machte wegen des Sounds schon Spaß. Mit ihm machten wir den großen Umzug von Bayern hoch nach Paderborn. Dort wurde es relativ schnell verkauft, weil ich aufmerksam geworden war auf eine 1200er Dreizylinder von Laverda. Bei der Abholung im März '94 im Regen in Dortmund fuhr ich erst mal gleich auf der ersten Kreuzung bei rot über die Ampel, weil ich natürlich statt zu bremsen nur einen Gang runtergeschalten hatte. An die Rechtsschaltung habe ich mich während der gesamten 3TKm, die ich mit dem Hammerteil fuhr, nicht gewöhnen können. Besonders in Situationen, in denen Reflexe gefragt sind, war das immer schwer. Zum Glück ist nie viel passiert! Aber heute noch hänge ich an dem Sound des Motors, der eigentlich für Traktoren gedacht war. Und das Fahrwerk braucht sich auch hinter heutigen nicht zu verstecken! Allerdings kam hinzu, dass die Laverda kein zuverlässiges Motorrad war. Es gab wenige Touren, bei denen nicht irgendetwas vorfiel, und wenn es nur die losvibrierte Hauptdüse des mittleren Vergasers war, die dann in mühseliger Fuckelarbeit wieder in Position gebracht werden musste, natürlich vor den Augen einiger irgendwann genervter Mitfahrer. Also wurde sie bereits im August verkauft.
Im Oktober kaufte ich dann meine erste Suzuki, eine GSX 1100 G. Sie bekam gleich den Namen 'Milkastier', was keinerlei Deutungsspielraum in Bezug auf die Farbe zulässt. Mit ihm machten wir trotz der Zwillinge, um die sich Eltern und Schwiegereltern kümmerten, einige schöne Touren. Ich hatte einen 'Mobec'-Vergaserkit einbauen lassen, welcher den Durchzug von unten nochmals verbesserte. Nach 34TKm und einigen parallelen Erfahrungen mit zwei Nischenmotorrädern von Kawa, einer Zweizylinder- Z 750 B, die ich heute noch gern hätte, und einer Kardan-Z 750 GT, verkaufte ich den Milkastier Anfang '98 wieder, weil laut Werkstatt die Nockenwellen enorme Pittingbildung zeigten.
Ich fuhr dann die 750er GT bis zu einem Dienstag im September '98. An diesem Tag waren meine Frau, sie hatte inzwischen eine 550er GT, und ich in Niedersachsen unterwegs um einen Studienkollegen zu besuchen. Ich muss vergessen haben, auf was ich saß, jedenfalls versuchte ich mit einer R1 mitzuhalten und bretterte mit 120Km/h in den Graben. Tat richtig weh: linkes Schlüsselbein und Speiche am linken Arm gebrochen. Schlimmer waren allerdings die psychischen Schmerzen, den ein solcher Unfall nach 20 Jahren und gut 250Tkm hinterlässt. Ich hielt mich nach all den Grenzerfahrungen, die ich nicht nur allein, sondern auch mit meiner Frau hinten drauf gemacht hatte, wohl für unverletzlich.
Naja, im Februar '99 war der Schock überwunden, eine zwischenzeitlich gekaufte XJ 900 von Yamaha schon wieder Gewinn bringend verkauft, da bot sich eine 900er Trident von Triumph an, sehr schön anzuschauen in schwarz-rot. Dieses Schmuckstück holte ich bei 5° minus aus Wuppertal ab. Dieses Motorrad hat meine Frau von vornherein am meisten gemocht. War auch schon ein besonderes. Sound und Optik waren klasse, besonders nachdem ich BOS-Endschalldämpfer angebaut hatte. Die Trident hat mich 41TKm begleitet, jedoch war die Reparatur des Anlasserfreilaufs eine wirklich kostspielige Angelegenheit. Im Oktober 2003 konnte ich sie jedoch für gutes Geld nach Schweden verkaufen. Der Typ, der sie kaufte, macht zwei Mal im Jahr mit seinem Transporter eine sog. Shopping-Tour durch Deutschland und die Benelux-Länder und kauft dort Motorräder zusammen. Von dem erzielten Gewinn beim Verkauf in Schweden lebt er den Rest des Jahres, wie er mir versicherte.
Während meiner Erfahrungen mit Triumph hatte ich auch eine alte Z 1000 ST von Kawa gekauft, sie als Wintermotorrad gefahren und im Frühjahr '03 wieder verkauft. Seit einiger Zeit hatte ich mich aber schon für ein Modell von Yamaha interessiert, das nicht nur in der Werbung, sondern auch aus den Fahrberichten der einschlägigen Presse fast ein Alleskönner sein musste: die FZS 1000 Fazer. Im Oktober '03, eine Woche nach dem Verkauf der Trident, konnte ich für 6400 EUR eine Fazer bei ebay ersteigern, die gerade einmal 2500 Km gelaufen hatte. Dem Verkäufer, einem Wiedereinsteiger, war das Motorrad zu schnell, wie er mir am Telefon erzählte. In einer Nachtaktion mit Besichtigung der Nürnberger Burg wurde die Fazer aus Schwandorf in Niederbayern geholt. Ich kann an dieser Stelle versichern, ich habe noch kein besseres Motorrad besessen, geschweige denn gefahren. Die erste Fazer habe ich im Mai 2009 mit 49TKm auf der Uhr nach Nürnberg verkauft, denn ich hatte bei ebay dasselbe Modell mit 7TKm aus Erstbesitz ersteigert. Also fahre ich jetzt schon die zweite Fazer, und diese hoffentlich noch lange.

Nun aber zum eigentlichen Grund für meinen Beitrag bei GS-Classic. Seit Oktober 2005 schaffe ich mir sog. Wintermotorräder an, d.h. ich kaufe ein Motorrad im September, Oktober eines Jahres und verkaufe es, abgesehen von einer Ausnahme, im Frühjahr des nächsten Jahres mit so viel Gewinn, dass ich sämtliche Kosten für den Winterspaß wieder hereinbekomme. Ich habe mich, oder besser gesagt, hatte mich, dabei auf ein spezielles Modell festgelegt: die alte XJ 900 von Yamaha. Ein relativ leichtes Kardanmotorrad mit schlanker Linie, im Original schon ausgestattet mit Uhren für Zeit und Benzin, und einem Ersatzteilangebot bei ebay ohne jegliche Einschränkung. Solche Motorräder hatte ich die letzten Winter mit viel Spaß gefahren. Gerade letzten Winter hatte ich mir eine XJ in den Traumfarben schwarz-rot ergattern können, diese wollte ich wohl im Frühjahr nicht verkaufen, denn ich hatte ja so lange gesucht.
Optisch hatte ich aber immer die GS 1000 und GS 1100 Modelle mit Kardan von Suzuki für die schönsten gehalten, neben den alten Z 900 und 1000er Modellen von Kawa selbstverständlich, was wohl jeder Leser hier versteht. 
Wie es der Teufel so will, hab ich mal aus Spaß eigentlich bei ebay auf eine GS 1100 G geboten, dachte, für das Geld kriege ich die sowieso nicht, und ... prompt bekam ich den Zuschlag. Gleich zwei Wochen später wurde eine weitere bei ebay als Ersatzteillager ersteigert, nützliche Teile wurden getauscht und noch am selben Wochenende für fast dasselbe Geld wieder verkauft. Bei der Suche nach Lösungen für Defekte, die ich nicht hatte ersetzen können, fand ich beim Surfen im Netz einige sinnvolle Tipps auf GS-Classic. So habe ich z.B. das Drehzahlmessergehäuse aufgesägt, das Zifferblatt wieder festgeschraubt und das Gehäuse wieder zusammengeklebt. Das habe ich sogar nochmal wiederholen müssen, da ich wohl beim ersten Mal nicht alle Späne beseitigt hatte. Sinnvoll waren auch die Tipps zum Ölwechsel im Sekundär- und Endantrieb, den ich vor einer Woche schließlich machte. 
Nun bin ich wirklich stolzer Besitzer einer 1100er im Originalzustand mit altem Krausergepäckträger und Koffern. Bis auf die '1' in der Ganganzeige funktioniert alles ganz hervorragend! Man sieht dem Schätzchen an, dass es auch schon Zeit stehend draußen verbracht hat. Aber das tut meiner Liebe zu ihm keinen Abbruch, fahre es ja auch im Winter. Ich weiß, ich habe selbst meine Zweifel an diesem Begriff bei meiner Mopedzahl, aber ich habe mich letzten Sommer öfters dabei erwischt, wie ich das Kennzeichen der 750er Zephyr meiner Frau zweckentfremdet an die 1100er geschraubt habe und meine Runden gefahren bin. So sind schon 1500 Km zusammen gekommen. Seit dem November 2010 ist jede Fahrt nun endlich legal.

Kontakt: Karl

[Start]