Technik: Kardanantrieb

Die Krone des Hinterradantriebs bei Motorrädern gebührt sicher dem Gelenkwellenantrieb. Weil an dieser Welle kardanische Gelenke verwendet werden, sprich man auch häufig von einem Kardanantrieb.
Schon sehr früh haben sich hier gerade BMW und Moto Guzzi einen Namen gemacht, doch mussten deren Kunden lange Jahre mit dem berühmt-berüchtigten "Gummikuh-Effekt" leben.
Beim Beschleunigen hebt sich das Hinterrad durch das Gegenmoment aus den Federn. Man fuhr nicht nur ein wenig Fahrstuhl dabei, sondern musste auch durch die Verhärtung mit einem störrischen Verhalten des Antriebs rechnen. Daher galt der der Kardanantrieb als weniger geeignet für sportliche Motorräder. Er taugte mehr für gemütliches Touren. Bis Suzuki diese Antriebsform ab 1980 entdeckte und neu definierte.
Die Techniker waren dabei so erfolgreich, dass praktisch keine Aufstellneigung oder Lastwechselreaktionen mehr zu fühlen waren. Damit war der Weg frei, den Kardanantrieb auch für Motorräder mit sehr hohen Motorleistungen einzusetzen. Es gibt für die GS-Baureihe zwei leicht unterschiedliche Konzepte:
   
Abtrieb an der Getriebe-Hauptwelle
Der erste Antrieb wurde in der GS 850 G verbaut. Wie bei einer Kettenmaschine erfolgte die Kraftübertragung über die Getriebe-Hauptwelle, die zusätzlich einen Ruckdämpfer (1) erhielt. 
Die Primär-Kegelräder (2) leiteten das Moment über das erste Kreuzgelenk (3) und die Kardanwelle (4) auf die Sekundär-Kegelräder (5).
Zusätzlichen Komfort boten die Gummi-Ruckdämpfer (6) im Hinterrad.
Bei diesem System hat der Primär-Antrieb übrigens eine eigene Ölversorgung, genauso wie der Sekundär-Antrieb.
Eingesetzt wurde das System auch bei der GS 750 G, der GS 1000 G und der GS 1100 G.
Abtrieb an der Getriebe-Nebenwelle
Eine Weiterentwicklung wurde bei der GS 650 G eingesetzt. Hier erfolgte die Kraftübertragung über den Ruckdämpfer (1) an die Getriebe-Nebenwelle, das ist die untere Welle in diesem Bild!
Dort saßen die Primär-Kegelräder (2) und leiteten das Moment wie oben beschrieben ans Hinterrad weiter.
Bei diesem System erfolgte die Ölversorgung des Primär-Antriebs über das Motoröl.

Der besondere Vorteil war, dass der Antrieb noch kompakter ausgeführt werden konnte und so Baulänge gespart wurde. Das war besonders bei den kleinen Modellen wichtig.

   
Noch einen Trick ließen sich die Suzuki-Leute einfallen. Das Kreuzgelenk lag genau im Drehpunkt der  Hinterradschwinge. Dadurch ergab sich keine Längenänderung beim Einfedern und es musste kein verschleißfreudiges Schiebestück vorgesehen werden. Außerdem baute die Kardanwelle damit länger, was das Aufstellmoment deutlich reduzierte.
Der Erfolg der Suzuki-Antriebe war damit vorprogrammiert, haltbar waren sie sowieso. Die Tester überschlugen sich mit Lob. Na und wir GS-Freunde genießen noch heute ein Fahrgefühl, wie das einer Kettenmaschine - ohne dauernd mit Kettenfett hantieren zu müssen.
Das Einzige, was gegen einen Kardanantrieb spricht, ist das höhere Gewicht und damit mehr ungefederte Massen, was wiederum die Fahrwerksabstimmung erschwert.

© Michael (21.03.04 )    [Start]