Lenkkopflager
wechseln
Die
Lenkkopflager, also die Verbindung zwischen der
Vorderradgabel und dem Rahmen gehören zu den
hochbelasteten Bauteilen am Motorrad. Gerade die
serienmäßigen Kugellager halten die Kräfte im
Betrieb nicht lange aus. Sind die Lager defekt,
müssen sie getauscht werden und man sollte bei der Gelegenheit zu
dauerhafteren Kegelrollenlagern greifen.
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Aufbau
des Lenkkopfes
Hier seht ihr den typischen Aufbau eines Lenkkopfes.
An der unteren Gabelbrücke (2) ist ein
Lagerring (3) montiert. Im Originalzustand sind
dort Lagerkugeln (25) eingelegt, die sich an
einem weiteren Lagerring (23) abstützen.
Oben ist ein zweites Lager (23, 24, 25)
angeordnet, das über eine Dichtung (26)
abgedeckt wird. Der Lenkkopf wird mit der
Schlitzmutter (22) am Rahmen verschraubt.
Darüber ist die obere Gabelbrücke (1) zu
sehen, die mit einer Halteschraube (8) fixiert
ist.
Lagerzustand prüfen
Doch bevor Geld ausgegeben wird, kann man
leicht prüfen, ob die Lager am Ende sind.
Dazu wird das Motorrad auf dem Hauptständer aufgebockt
und ein Helfer drückt das Heck herunter, so dass das
Vorderrad frei in der Luft hängt.
Ist kein
Hauptständer vorhanden, kann man den Motor oder den Seitenständer
mit Kanthölzern unterfüttern und das Moped
darüber kippen. Das kann natürlich eine ziemlich instabile
Sache werden, daher muss man besonders vorsichtig vorgehen.
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Nun greift die zweite Person mit beiden Händen an die
Standrohre der Telegabel und dreht diese langsam von
Anschlag zu Anschlag. Ist ein Widerstand oder ein
deutlicher Rastpunkt in der Mittellage zu spüren, hat
das Lager das Zeitliche gesegnet und muss gewechselt
werden. Stramm verlegte Bowdenzüge oder elektrische
Leitungen können das Prüfergebnis übrigens
verfälschen - es ist also Gefühl gefragt.
Ist bis dahin alles in Ordnung, wird die Telegabel in
die Mittelstellung gebracht und in Fahrtrichtung hin
und her bewegt. Treten hier Spiel oder Geräusche auf,
muss das Lager zunächst eingestellt werden. Danach
prüft man nochmals über das Drehen der Telegabel.
Oft kann man jetzt einen Rastpunkt feststellen.
Lenkkopflager ausbauen
Wie Lenkkopflager gewechselt werden, wird im
Internet oft beschrieben.
Das was diese Anleitungen aber verschweigen, sind die
vielen kleinen Problemchen, die dabei auftreten
können. Die hat Werner beschrieben:
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Lagerschalen
aus dem Lenkkopf heraustreiben
Die Telegabel und den Lenkkopf auszubauen, ist für
geübte Schrauber keine Hexerei. Wenn das Motorrad mit Axialkugellager
ausgerüstet ist, kann man die Lagerringe leicht mit
einem passenden Dorn durch den Lenkkopf
austreiben.
Schwieriger wird es, wenn moderne Schrägwalzenlager
verbaut wurden, weil dann der Lagerring nur minimal
über den Lagersitz herausragt. Bei manchen Modellen sind deshalb
kleine Taschen vorhanden, um einen Dorn ansetzen zu
können.
Versagt diese Methode, geht das mit
dem etwas aufwendigerem "thermischen Verfahren".
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Hilfsmittel
zur Demontage der äußeren Lagerringe
Ist also keine Fläche für den Einsatz eines
Dornes vorhanden, muss man sich eine schaffen.
Dazu besorge man sich eine Stahlscheibe oder ein
Blech (B) mit einer Stärke von 3-4 mm. Dieses
Hilfsmittel wird so nachgearbeitet, dass es etwa
mittig innerhalb der Lagerschale (L) zur Anlage
kommt. Dazu sollte man seine Kanten etwas
abschrägen, damit es tiefer im Ring sitzt.
Wer sichergehen will, kann das Stahlteil für
den nächsten Arbeitsschritt mittels einer
Gewindestange, zwei Muttern und einer großen
Scheibe auf der Gegenseite des Lenkkopfes noch
fixieren. Ist aber nicht nötig, wenn eine
zweite Person zum Gegenhalten beim
Schweißen bereit steht.
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Dann kommt das
Schweißgerät zum
Einsatz. Das eingepasste Stahlteil wird mit der
Lagerschale verschweißt. Einige Heftpunkte (S)
reichen.
Aber man muss aufpassen, dass man nicht "vom
rechten Weg" abkommt und aus Versehen die
Lagerschale mit dem Rahmen verschweißt!
Durch die Wärme dehnt sich der Lagersitz und
verkleinert sich das Lager. Jetzt die eventuell
verwendete Gewindestange entfernen und das Lager
mit einem
langen Dorn oder stabilen Rohr mit
leichten Schlägen auf das eingeschweißte
Stahlteil austreiben.
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Hilfsmittel
zur Demontage des inneren Lagerringes
Für den Lagerring auf der Gabelbrücke (G)
benötigt man eine Auszugsvorrichtung. Ein Rohr
(R), das knapp über die Achse der Gabelbrücke
passt, wird am oberen Ende mit Deckscheibe (D)
verschweißt. Auf der Innenseite der Scheibe
wird eine Mutter M12 angeheftet, in die eine
Abdrückschraube M12 (S) geschraubt wird. Die
Länge der Vorrichtung muss so gewählt werden,
dass sie bis zum Lagerring über die Achse der
Gabelbrücke gesteckt werden kann.
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Als
Nächstes wird der Lagerkäfig und die
Wälzkörper entfernt (Käfig aufzwicken oder
mit Meißel trennen). Dann wird oben auf das
Lenkrohrgewinde eine Scheibe (Ronde) oder
Schraube gelegt. Die Vorrichtung wird
aufgesteckt und das untere Ende des Rohres (R)
mit dem Lagerring (L) verschweißt bzw.
angeheftet. Jetzt die Schraube (S) eindrehen, so
dass sie gegen die eingelegte Scheibe bzw.
Schraube drückt und Lagering abziehen.
Keinesfalls sollte man Meißel oder
Schraubendreher verwenden und zwischen Lagerring
und dem Sitz treiben. Dies führt zur
Zerstörung der Dichtscheibe und Beschädigung
der Anlagefläche.
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Lenkkopflager einbauen
Auch der Einbau hat seine Tücken. Keinesfalls sollte
man die klassischen Kugellager verwenden, sondern
stets Kegelrollenlager, die es ab etwa 20 EUR im
Zubehörhandel gibt. Hier also
weitere Hinweise:
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Die
neuen Lagerringe werden eine nach der anderen
wieder mit einer kräftigen Einzugsspindel (E),
z.B. Gewindestange M12, in den Lenkkopf
eingezogen. Dazu wird je eine dicke Stahlscheibe
(S) auf den Lagerring und eine auf das andere
Ende des Lenkkopfes platziert. Ringseitig dienen
zwei gekonterte Muttern als Fixpunkt (F). Vor
dem Einsetzen Ring und Lagersitz im Lenkkopf
säubern und leicht einölen, z.B. mit WD40.
Dann geht es leichter.
Falls die Ringe verkanten, mit einem Hammer auf
die Scheibe schlagen, die auf dem Ring liegt,
bis die Richtung wieder stimmt. Generell gilt:
Das Einziehen muss ohne große Gewalt erfolgen.
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Wenn also nichts mehr
geht, sind die Ringe verkantet. Liegen die Scheiben
am Lenkkopf auf und der Lagerring hat noch nicht
seine entgültige Position erreicht, kann man
ein passendes Zwischenstück mit kleinerem
Durchmesser einlegen (altes Lager, große Nuss
oder kleinere Scheibe). Danach den Ring bis zum
Anschlag einziehen. Mit leichten Hammerschlägen
auf die Scheibe kann man zum Schluss prüfen, ob das Lager richtig
anliegt. Ist alles in Ordnung, gibt es ein helles
metallisches Geräusch.
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Jetzt
geht es an die Montage des unteren
Lenkkopflagers. Bei manchen Typen ist Dichtscheibe (D)
mit dem Lager (L) verpresst. Andere
Dichtscheiben werden lose auf die Gabelbrücke
geschoben.
Handelt es sich um die verpresste Variante,
platziert man dazu eine passende Nuss (N) oder ein
Rohr auf den Lagerring (L), setzt die
Dichtscheibe unten auf das Lager und spannt die
Teile in einen Schraubstock.
Mit vorsichtigem Zudrehen des Schraubstockes
wird die Dichtscheibe auf das Lager gezogen. Die
Nuss oder das Rohr darf dabei nur auf den
Lagerring drücken und nicht auf den Lagerkäfig,
sonst wird dieser leicht beschädigt und in
Schrott verwandelt.
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Bei einer losen Dichtscheibe ist diese zunächst
über den Lagersitz der Gabelbrücke (G) zu
schieben. Dabei muss darauf geachtet werden, dass
die Dichtlippe nach oben zeigt.
Jetzt wird das Lager auf den Lagersitz gesetzt.
Meist lässt es sich bereits ein kleines Stück (1
- 2 mm) aufschieben. Ein passendes Rohr (R) wird
über die Gabelbrückenachse auf den Innenring des
Lagers geschoben und das Lager durch
Hammerschläge auf das Rohr ganz auf seinen Sitz
getrieben. Auch hier signalisiert ein helles
metallisches Geräusch, dass das Lager am Anschlag
sitzt.
Der schwierige Teil ist jetzt geschafft.
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Was jetzt noch folgt, ist leicht. Lager mit
Mehrzweckfett befüllen, Gabelbrücke in den Lenkkopf
schieben, das obere, ebenfalls gefettete Lager und
dessen Innenring montieren, Deckscheiben aufsetzen und
die große Lenksäulenmutter festziehen. Das
erforderliche Drehmoment wird in der Wartungsanleitung
genannt. Es liegt meist zwischen 15 - 25 Nm. Danach
sollte die korrekte Funktion wie oben beschrieben
geprüft werden und gegebenenfalls das Lagerspiel
durch Justieren der Lenksäulenmutter korrigiert
werden.
Arbeiten an diesem kritischen Element des Fahrwerkes
sind natürlich entscheidend für die Sicherheit. Wer
an seinem Motorrad arbeitet, tut dies immer auf eigene
Gefahr. Alle Hinweise in diesem Artikel richten sich
an Personen mit Erfahrung und werden ausdrücklich
ohne Gewähr gegeben.
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Die Idee zu diesem Artikel und viele der Bilder stammen von Werner, der mir die freundliche
Genehmigung gegeben hat, seine Erfahrungen hier zu
veröffentlichen.
© Werner, Michael (23.09.12
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