Ventile ausbauen, prüfen und überholen

Bei jedem alten Motor steht man irgendwann vor dem Problem, defekte Ventile oder Schaftdichtungen zu überholen. Dazu muss man die Dinger ausbauen und hier erklären wir, wie man mit wenigen Hilfsmitteln zum Erfolg kommt. Geduld und Sorgfalt vorausgesetzt, hat man danach wieder gut funktionierende, dichte Ventile und Dichtungen.
   
Ventilfedern entlasten
Um die Ventile auszubauen, muss die Ventilfeder entlastet werden. Hierfür gibt es zwei Möglichkeiten: Einmal die so genannte "Schlagtechnik" oder die Verwendung eines Ventilhebers, was hier beschrieben wird. Zunächst werden die Nockenwellen und der Zylinderkopf demontiert, danach die Ventilhebel (bei GSX-Motoren) oder die Einstellscheiben (bzw. Shims) und Ventilstößel (bei GS-Motoren) entfernt .
Jetzt setzt man das Werkzeug am Ventilteller und den Federn wie im Bild gezeigt an. Wird es betätigt, werden die Ventilfedern zusammen gedrückt und der Ventilschaft nach oben gedrückt.
   
Ventile ausbauen
Üblicherweise sieht man jetzt die beiden Ventilkeile zwischen Ventilschaft und Federteller. Manchmal sind die Keile jedoch etwas verklemmt, springen beim Entlasten der Feder gerne heraus und landen unerreichbar unter der Werkbank. Legt man einen Lappen über den Zylinderkopf kann das nicht passieren.
Die Ventilkeile entfernt man am besten mit einer Pinzette. Jetzt kann man den oberen Federteller und die beiden Ventilfedern aus dem Zylinderkopf herausziehen.
Sind die Schaftdichtungen nicht mehr in Ordnung, sollte man sie erneuern. Wie das geht, wird hier beschrieben.
Jetzt muss unbedingt der Ventilschaft im Bereich des Sitzes der Ventilkeile entgratet werden. Dort bildet sich manchmal ein kaum sichtbarer, sehr feiner Grat, der unbedingt entfernt werden muss. Das geht am besten mit feinem Schmirgelleinen (400er Körnung o.ä.).
Versäumt man dies, wird beim Einsetzen neuer Schaftdichtungen sofort die empfindliche Dichtlippe geschädigt und der Ölverbrauch wird sich baldigst wieder in bekannten Regionen einpendeln. Die alten Schaftdichtungen, die sowieso entsorgt werden, betrifft dies weniger. 
Nach dem Entgraten kann man die Ventile aus der Führung ziehen. Wer dies schon getan hat, wird feststellen, dass sie sich ohne Entgraten oft nur mit Widerstand durch die Führungen pressen lassen. Wird Gewalt angewendet, darf man damit auch die Ventilführungen erneuern, denn das Schaftspiel zwischen Führung und Schaft hat man mit dieser Aktion deutlich vergrößert. Wird der Schaft aber entgratet, saugen sich die Ventile durch ihr Eigengewicht nach unten in den Brennraum. 
Dieser Tipp stammt von Michael aus Wuppertal.

Nun erwartet man eigentlich den bekannten Text "Zusammenbau in umgekehrter Reihenfolge". Aber die Arbeit geht erst richtig los, denn als Nächstes kommt das Prüfen und Überholen.

Ventile säubern
Hat das Ventil starke Brandspuren oder ist es krumm, gehört es in die Schrottkiste. Ist es auf den ersten Blick noch in Ordnung, muss es für die folgenden Prüfungen sorgfältig von anhaftender Ölkohle und Ruß gereinigt werden (Vordergrund). Ist man sicher, dass es weiter verwendbar ist, kann man sich auch der Mühe unterziehen, den Ventilteller zu polieren (Hintergrund).  
Das lohnt sich immer, wenn man seiner SUZUKI ein wenig Beine machen möchte. Vorsicht: Beim Polieren nicht übertreiben und die Ventilsitzfläche beschädigen.
   
Kontrolle des Teller- und Schaftrundlaufes
Krumme Ventile führen zu einem zu großen Schlag des Ventiltellers. Zur Kontrolle des radialen Rundlauf benötigt man ein Prisma, in das der Ventilschaft gelegt wird und eine Messuhr (Skala 0,01 mm). Dreht man das Ventil im Prisma kann man Abweichungen messen. Die Toleranzgrenze liegt bei GS- und GSX-Motoren bei 0,03 mm. 
Mit zwei Prismen und misst man in der Mitte des Ventilschafts den Ventilschaftrundlauf. Er sollte 0,05 mm nicht überschreiten.
Die tatsächlichen Werte für Euer Modell stehen im Werkstatthandbuch oder Ihr erfahrt sie beim wohlgesonnenen Händler.
   
Kontrolle des Ventilschaftdurchmessers
Nach hoher Laufleistung verschleißt nicht nur die Ventilführung sondern auch der Ventilschaft.
Zur Überprüfung benötigt Ihr eine Bügelmessschraube (Skala 0,01 mm). An drei Stellen wird der Durchmesser gemessen, liegt er an einer Stelle unterhalb des zulässigen Maßes, ist das Ventil verschlissen und muss ausgetauscht werden.
Die Toleranzgrenze liegt mit 7mm-Schäften bei etwa 6,8 - 6,9 mm, mit 5,5mm-Schäften bei 5,3 - 5,4 mm.
Diese kann für Euer Modell natürlich abweichend sein - also stets im Werkstatthandbuch nachschauen.
   
Kontrolle des Ventilführungsspiels
Hierzu muss das Ventil wieder in die Ventilführung im Kopf eingeführt werden und, wie die Pfeile zeigen hin und her bewegt werden. Für diese Prozedur braucht man wieder die Messuhr und man misst die Werte an zwei Stellen, die 90° zueinander liegen.
Die Toleranzgrenze liegt mit 7mm-Schäften bei etwa 0,35 mm, mit 5,5mm-Schäften bei etwa 0,10 mm.
Ist das Spiel zu groß, muss die Führung ausgetauscht werden, was an anderer Stelle beschrieben wird.
   
Kontrolle der Ventilsitzbreite
Diese kann man auch direkt nach dem Ausbau prüfen. Hat man die Ventile jedoch poliert, sollte man sie mit Ventil-Einschleifpaste kurz (2-3 min) einschleifen, bis sich eine matte Oberfläche gebildet hat.
Je nach Motor liegt die zulässige Breite bei 0,9 - 1,2 mm. Wird dies überschritten, muss der Ventilsitz nachgefräst werden. Das Ventil muss meist nicht ausgetauscht werden. Nur wenn die Sitzfläche schon deutlich eingeschlagen ist, so wie im Bild gezeigt, ist auch das Ventil ein Fall für den Schrott.
   
Einschleifen der Ventile
Ist die Sitzbreite im unkritischen Bereich, können die Ventile zu den Sitzen eingeschliffen werden.
Zuerst bestreicht man die Ventilsitzfläche mit Vorschleifpaste. Das Ventil wird in die Führung gesteckt und man drückt es auf den Ventilsitz. Mit einer Drehbewegung und leichtem Druck nach unten wird das Ventil hin und her gedreht. Dazu nimmt man besten einen Ventileinschleifstab. Ab und zu wird das Ventil kurz hochgehoben, damit wieder Paste nachfließen kann. Hat sich eine gleichmäßig graue Fläche gebildet, muss man das Spiel mit Nachschleifpaste wiederholen. 
Schließlich werden die Pastenreste komplett entfernt und man kann an den letzten Arbeitschritt gehen.
   
Zusammenbau
Endlich ist es soweit: Die Ventile, Federteller, Federn und Keile werden wieder montiert. Normalerweise werden auch neue Ventilschaftdichtungen eingesetzt. Die kosten nur wenig und sorgen für ein ölfreieres Motorleben.
Im Bild seht ihr, wie die vielen Einzelteile zusammen gehören. Falsch im Bild: Die Ventilfedern sind mit den geringen Windungssteigungen immer Richtung Zylinderkopf einzubauen. Und es fehlen noch die Ventilschaftdichtungen. 

Bei all diesen Arbeiten ist es empfehlenswert, die Position der Bauteile zu notieren und diese an die alten Positionen einzubauen. Das gilt besonders für die Ventile und die Ventilfedern! 
Muss man jedoch mit alten Teilen arbeiten und solche aus anderen Motoren verwenden, braucht man sich darüber keine grauen Haare wachsen zu lassen. Die Praxis hat gezeigt, dass es meist keine Schwierigkeiten gibt, wenn man Teile wie Stößel, Keile oder Schlepphebel in einer anderen Ventilposition einbaut.

Über den Ausbau von Ventilsitzringen haben wir hier (noch) nicht geschrieben. Dennoch ein interessanter Tipp zu diesem Thema:
Um die Grundbohrung des Sitzringes zu schonen, sollte man diese nicht ausbohren lassen. Stattdessen heftet man mit dem Elektroschweißgerät eine Elektrode an den Ring. Es genügt ein kurzer Punktkontakt. Jetzt wartet man, bis alles erkaltet ist und kann meist ohne große Mühe den Ventilsitzring an der Elektrode aus dem Zylinderkopf ziehen und einen neuen mit dem gleichen Außendurchmesser einsetzen, wenn man ihn vorher zum Schrumpfen in das Tiefkühlfach gelegt hat.

© Schibi, Michael (19.12.09 )    [Start]