SUZUKI GR 650 X

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1982 stellten die Leute aus Hamamatsu ein echten Tourer vor, der weniger auf Höchstgeschwindigkeit, als viel mehr auf Drehmoment und Komfort getrimmt war - die GR 650.
Erinnerte sie äußerlich noch an einen übergroßen GS-Twin, stellte man bei genauem Hinsehen fest, dass sie mit dieser Baureihe nur einige Details gemeinsam hatte. Sie nahm vielmehr Elemente der kommenden GSX-Reihe vorweg und bot noch andere, bis dato völlig neuen konstruktive Lösungen. 
Das Gewicht des 50-PS-Brummers lag dank konsequenten Leichtbaus bei knapp 200 kg und das war ein respektabler Wert für ein ausgewachsenes Mittelklassemotorrad.
Ein echtes Sahnestück war der Motor, der sich vom Charakter her an große englische Vorbilder - der Triumph Bonneville oder Norton Commando anlehnte. Das war's aber auch schon, denn die GR bot technisch viel mehr: z. B. hohlgebohrte Nockenwellen, eine einteilige Kurbelwelle mit variabler Schwungmasse, ein neuartiges Luftansaugsystem. 
Die Kolben von klassischen Paralleltwins bollerten noch gleichzeitig auf und nieder, doch bei der GR 650 vertraute man auf das Gegenläufer-Prinzip mit 180 Grad versetzten Hubzapfen, das geringere Vibrationen produzierte. Da so weniger Dampf im unteren Drehzahlbereich anstand, griff man bei Suzuki zu einem technisch ungewöhnlichen Trick: Eine geteilte, am linken Kurbelwellenstumpf angebrachte Schwungscheibe.  
Unterhalb gemütlicher 2.500 Touren waren beide Teilscheiben aktiv. Die Schwungmasse ermöglichte so nicht nur eine beeindruckende Laufkultur sondern auch reichlich Bumms aus dem Keller
Wurde die Drehzahlgrenze überschritten, klinkte eine Fliehkraftkupplung die Zusatzscheibe automatisch aus und es blieb nur die Hauptscheibe - jetzt konnte die GR freier drehen. Einfach genial und eine Ausgleichswelle, wie bei der GS 400, konnte man sich sparen.
Die 2-in-2-Auspuffanlage blieb durch doppelwandige Krümmer stets blank und lieferte klassischen Zweizylinder-Sound. Die schönen Speichenfelgen der ersten XD-Version passten ebenfalls gut zum klassischen Anspruch, doch das an die Katana angelehnte Aussehen und die erstmals verbaute Schwinge mit Full-Floater-Prinzip waren ein gewisser Stilbruch. 
Gespart wurde bei den Bremsen: Eine Scheibenbremse vorn und eine Trommel im Hinterrad mussten für die GR 650 ausreichen. Da war der leichte, geschlossene Doppelschleifenrahmen mit zentralem, obenliegendem Rundrohr schon besser. Obwohl die GR mit einem üppigen Nachlauf des Vorderrades versehen war, ergab sich durch ihr niedriges Gewicht eine enorme Handlichkeit. Landstraßen-Bummeln wurde so zu ihrer Domäne: Schon ab 40 km/h zog sie im höchsten Gang ruckfrei hoch und auch mit vergleichsweise knappen Federwegen vermittelte sie noch beachtlichen Komfort.

Trotz hübscher Zweifarblackierung und zeitgemäßem Chopper-Anspruch konnte sich das Bike nicht richtig durchsetzen. Der Motor sprach die Traditionalisten an, aber die Optik war eher eine Mischung aus Klassik und Sportlichkeit - kaum jemand verstand das. Und so entschieden sich nur 1600 Kenner für den Neo-Klassiker, der in einigen Länder auch "Tempter" (engl.: Verführer) genannt wurde.
Das ist schade, denn die GR 650 ist fast schon ein Geheimtip! Ein solides Alltagsmotorrad mit drehmomentstarkem Motor, dessen 50 PS auch heute noch für Touren zu zweit reichen.

© Michael (19.11.04 )    [Start]